Immobilien-Ausverkauf Berliner Etikettenschwindel
13.01.2012, 17:57
Die letzten Freiflächen und Bauruinen werden rar in Berlin.
Trotzdem lässt es die Stadt zu, dass diese mit der immer gleichen
Mischung aus Gastronomie, Shopping und Luxusappartements radikal
ausverkauft werden - unter dem Etikett Kunst, versteht sich.
Wenn Kunst
draufsteht, steckt Gewinn drin. So knapp lässt sich die Glücksformel
der Berliner Immobilieninvestoren zusammenfassen, nach der sie
Bauprojekte im Zentrumsbezirk Mitte lancieren.
Wenn Künstler sanierungsbedürftige Altbauten zwischennutzen und Viertel aufwerten, strömen bald die Investoren nach. Zu beobachten derzeit in Berlin-Neukölln, das sein Schmudde-Image ablegt und zum Szene-Viertel wird. (© dpa-tmn, 48 Stunden Neukölln)
Man kann: Denn anders als es die Ankündigung vielleicht vermuten lässt, ist mit der Neueröffnung eben kein Ort für die Stadt gewonnen - sondern endgültig aufgegeben. Galerien sind kein öffentlicher Raum, auch wenn sie keinen Eintritt verlangen. In Restaurants muss man konsumieren, die Speisekarte ersetzt hier den Türsteher.
Eigentumswohnungen im angepriesenen "Ausgehviertel"
Die letzten Freiflächen und Bauruinen im Zentrum werden rar in Berlin. Doch die Stadt lässt es zu, dass diese mit der immer gleichen Mischung aus Gastronomie, Shopping und Luxusappartements restlos aufgefüllt werden - unter dem Etikett Kunst, versteht sich. Die Formel, die in den Neunzigern ganze Straßenzüge zum Leben erweckte, weil Künstler sanierungsbedürftige Altbauten zwischennutzen durften, fungiert heute als Türöffner. (Ganz Ähnliches passiert im Prenzlauer Berg, wo Clubs schließen müssen, damit Eigentumswohnungen im angepriesenen "Ausgehviertel" gebaut werden können.)Ein weiteres Beispiel: gleich neben der Museumsinsel entsteht gerade auf einem 31 000 Quadratmeter großen Areal das "Forum Museumsinsel". Der Unternehmer Ernst Freiberger will hier aus acht denkmalgeschützten Gebäuden für 300 Millionen Euro ein "Forum für die Zukunft" schaffen. Der englische Architekt David Chipperfield hilft ihm dabei - und die Kunst: "Nach dem Entwurf eines international bedeutenden Architekten wird (...) ein spektakuläres Gebäude entstehen, das unter anderem der Kunst gewidmet ist", heißt es im Exposé. Wer weiterliest, wird feststellen, dass es sich dabei wohl um eine Automobil-Ausstellung handelt.
So vage das Kunstprogramm, so detailliert ist das Kulinarische beschrieben: Vor allem soll es eine Markthalle geben, an deren Stände "von morgens früh bis in den Abend hinein die köstlichsten Lebensmittel (...) vor den Augen der Kunden frisch hergestellt und zubereitet" werden. Schlaraffenland in Berlin-Mitte?
http://www.sueddeutsche.de/kultur/immobilien-ausverkauf-berliner-etikettenschwindel-1.1257624
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